Hölle oder Paradies? Erschütternde Erlebnisse eines Entführungsopfers im Weltkrisenherd Afrika. (DR) Nach dem Selbstmord seiner geliebten Ehefrau bricht der Frankfurter Arzt Kurt Krausmann gemeinsam mit seinem besten Freund Hans zu einer Schiffsreise Richtung Komoren auf, um dort humanitäre Hilfe zu leisten. Doch am Horn von Afrika werden sie von Piraten brutal überfallen und ins Landesinnere verschleppt. Dramatisch und detailliert schildert der unter dem Pseudonym Yasmina Khadra schreibende Mohammed Moulessehoul, einer der namhaften Autoren Frankreichs und wichtige literarische Stimme der arabischen Welt, die Erlebnisse der beiden deutschen Geiseln aus der Sicht des verwitweten Mediziners. Seine zwischen Hass, Furcht und Unverständnis schwankenden Gefühle für die grausamen Peiniger überlagern bald seine tiefe Trauer. Je länger sein aussichtslos scheinender Überlebenskampf andauert, desto stärker drohen Hunger, Durst, Schmerz und sengende Hitze jedwede menschliche Regung in Kurt zu ersticken. Als Hans von der Gruppe getrennt und fortgebracht wird und sich zwischen den verbliebenen Piraten ein Zwist anbahnt, wittern Kurt und der ebenfalls entführte Franzose Bruno, der Afrika wie seine Westentasche kennt, ihre Chance zur Flucht. Zunächst stellt sich der Schauplatz Afrika in den Augen der Hauptfigur nur als ein selbstzerstörerisches, zerrissenes Land des Schreckens, wo Elend und unvorstellbare Gewalt vorherrschen, dar. Erst im dritten Teil des Romans nimmt der in kolonialen Denkmustern verhaftete Kurt nicht zuletzt wegen einer bezaubernden Rot-Kreuz-Ärztin auch die faszinierenden Seiten des Kontinents wahr und beginnt, Verständnis für dessen Strukturen und Gesellschaft aufzubringen. Diese fiktive Entführungsgeschichte erzählt Khadra glaubhaft, mit viel Emotion, sprachlicher Verve und Gespür für Charakterzeichnungen, innere Monologe und gesellschaftspolitische Vorgänge. Nur die Schilderung des Liebeslebens seines Protagonisten droht ins Klischeehaft-Kitschige abzurutschen, was nicht an der soliden Übersetzung liegen dürfte. Ansonsten ein sehr lesenswertes, den Horizont erweiterndes Buch, das viel Gesprächsstoff für Literaturkreise bietet.

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Personen: Khadra, Yasmina Keil-Sagawe, Regina

Schlagwörter: Roman