Annotation: Ein ergreifendes und warmherziges Jugendbuch über Tod und Trauer und wie eine Familie damit umgeht. Rezension: Es beginnt mit einem Abschied - und es folgen eine Menge weiterer Zeichen, die darauf hindeuten, dass etwas passieren wird. Aber man will das nicht. Einmal lesend eingetreten in dieses Paradies, will man immer und ewig dort leben, mit Jake und seiner großen Familie und ihren Freunden. Man will mit ihnen lachen und essen, James Taylor und sogar Emmylou Harris hören und dazu tanzen, man will zu Beginn des Sommers bei der Verteilung der Lieblingsferienbücher dabei sein und auf der Veranda sitzen, um Edward und seinen FreundInnen beim Baseballspiel zuzusehen (obwohl man die Regeln nicht versteht). Und ab und zu lässt man Blick über das Meer streifen. Man will Edward, diesen eigenartigen Jungen, der alle verzaubert mit seiner Lebensfreude und der einen Knuckleball werfen kann, groß werden sehen, schließlich war man von Anfang an dabei. Und dann häufen sich die Zeichen und dann kommt der Unfall trotzdem aus dem Nichts, weil man wollte die Zeichen nicht sehen. Als diese paradiesische Welt still steht, will man nur noch weinen, mit Jake und den anderen, um Edward, der tot ist. Und um das Paradies. Patrica MacLachlan, die große alte Dame der amerikanischen Kinderliteratur, hat mit "Edward's Eyes" erneut erwiesen, dass sie ein Monolith ist. Wie schon in "Schere, Stein, Papier. Sophies Geschichte" (original "Baby", 1993) steht eine Familie im Mittelpunkt der knappen Erzählung, die nicht vom (eigentlich dünnen) Plot lebt, sondern ganz und gar von der Art des Erzählens: Es fällt einem kaum jemand ein, der so sinnlich und glaubwürdig über die Idylle schreiben kann, ohne in den Kitsch oder auch nur ins Pathos abzurutschen. Erzählt wird - nach einem Prolog - weitgehend linear, jedoch mit großen zeitlichen Sprüngen. Wie auf einer Perlenkette reiht MacLachlan Alltagsszenen auf, in deren Mittelpunkt immer Edward steht, jede Szene hat ihre Bedeutung, auch wenn sie noch leicht und klein erscheint. Mit vielen Bildern und einem Netz von musikalischen und literarischen Bezügen wird der retrospektiv von Jake erzählte Bericht verdichtet, ohne seine Luftigkeit zu verlieren. "Edwards Augen" ist eine - von Birgit Kollmann großartig über- setzte - Hymne auf das geglückte Leben, ein Lied voller Zärtlichkeit und Hoffnung und Denkmal für jene Menschen, denen das Spiel wichtiger ist als der Sieg. Wer das lesen soll? Jede und jeder, der mutig genug ist, sich großen Gefühlen auszusetzen. Mit Lesealter hat das nichts zu tun, vorlesen lässt sich dieses Buch im Übrigen wunderbar.
Altersempfehlung: ab 12 Jahren.
Personen: Kollmann, Birgitt MacLachlan, Patricia
MacLa
MacLachlan, Patricia:
Edwards Augen / Patricia MacLachlan. Aus dem Engl. von Birgitt Kollmann. - München : Hanser, 2010. - 90 S.
ISBN 978-3-446-23589-2 fest geb. : EUR 12,90
Kinderbücher für Kinder zwischen 8 und 12 Jahren - Buch