>>Schweigen hat den rostigen Beigeschmack von Scham. Die Worte >Halt's Maul< sind die schrecklichsten Worte, die ich kenne. Ich kann sie nicht hören, ohne daß es mir kalt über den Rücken läuft. Der Mann, der mich vergewaltigt hat, spuckte sie in jenen Stunden, in denen er mich attackierte, immer und immer wieder aus. Das wirklich Beschämende ist, wie ich inzwischen erkannt habe, diesen Worten nachzugeben.<< Am 11. Oktober 1985 begann für Nancy Raine eine neue Zeitrechnung. Sie wurde am hellichten Tag in ihrer Wohnung vergewaltigt. Der Täter wurde nicht gefaßt. Jahrelang hat Nancy Raine geschwiegen - weil ihr Vergewaltiger es so wollte, vor allem aber weil die Gesellschaft es bis heute so will. Jetzt wagt sie es, die Gesetze der Scham und das Gebot des Schweigens zu brechen, und verleiht so den tiefen Gefühlen Ausdruck, die nicht nur das Überleben, sondern den Weg zurück ins Leben ermöglichen. Kompromißlos erzählt sie, wie es ist, zum Schweigen verdammt zu sein. Nicht nur, weil einem die Worte fehlen, sondern vor allem, weil niemand hören will - vom Leiden, vom Verlust der Fähigkeit zu fühlen und zu vertrauen. Sie benennt das Unausgesprochene und Unaussprechliche, denn sie hat gelernt: Nur wer spricht, kann zu sich selbst zurückfinden. Mal wütend und traurig, mal verzweifelt, mal hoffnungsvoll nimmt sie den Kampf um ihr Leben noch einmal auf. Indem sie die vermeintlich schützende Anonymität verläßt, erhebt sie ihre Stimme für Menschlichkeit und Toleranz.

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Personen: Walitzek, Brigitte Raine, Nancy V

Schlagwörter: Vergewaltigung

Interessenkreis: Biografie