Bewegte und bewegende Biografie eines unauffälligen Alltagshelden. (DR) Siegfried Wahrlich - so heißt der Protagonist - könnte stellvertretend für unzählige Menschen stehen, die, am Vorabend des Ersten Weltkriegs geboren, die unruhige Zwischenkriegszeit und die Periode der NS-Zeit irgendwie durchleben und überleben müssen. Den Rest seines Lebens verbringt Siegfried Wahrlich in der ehemaligen DDR. Nur nicht auffallen, das Meiste als schicksalhaft hinnehmen, dies könnte man als Lebensmotto der Romanfigur definieren, wenn da nicht andere Elemente einen zweiten Charakterzug offenlegen würden, der nicht nur von Anpassung und Duckmäusertum geprägt ist. Was uns in diesem Roman gezeigt wird, sind die Lebensverhältnisse der meisten Menschen dieser Zeit, die sich für vieles engagieren mussten, ohne dafür begeistert zu sein. Und in diesem Sinn ist Siegfried Wahrlich eigentlich gar kein Held. Ivanji schildert ihn als einen Menschen, der einfach "mitgerissen" wird und dessen Lebensstationen eher durch Nichtentscheiden bestimmt sind. Genauso nüchtern und klar wie die Erzählung insgesamt ist auch die Sprache, die stark distanzierend und dennoch wie mitten im Geschehen wirkt. Nichts wird bewertet oder gar verurteilt, dennoch ist alles eingebunden in den großen historischen Kontext Europas. Ein faszinierender Roman, breite Empfehlung für alle Bibliotheken. *bn* Heinrich Klingenberg

Personen: Ivanji, Ivan