Berlin und Preußen zur Zeit Napoleons und kurz danach. (GK) Günter de Bruyn schreibt weiter an seinem Lebensthema: Berlin und Preußen in der Umbruchszeit des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts. Im vorliegenden Buch beschäftigt er sich mit den entscheidenden Jahren von 1807 bis 1815. Zunächst geht es um Napoleon, dessen Siege letztlich sogar den Staat Preußen in seinem Bestand gefährdeten; nach der endgültigen Niederlage des Franzosen aber auch um die Neuordnung Europas und die beginnende Restauration; und schließlich bereits um das deutsche, nicht mehr preußische Nationalbewusstsein, dessen Wurzeln ebenfalls in dieser Zeit liegen. In fast 50 Einzelessays charakterisiert de Bruyn bedeutende Persönlichkeiten, von Politikern bis zu Künstlern. Das ist vielleicht der interessanteste Aspekt dieses Buches: Viele davon, etwa Schriftsteller wie Kleist, Fouqué, Arnim, Hoffmann oder, für mich besonders eindrucksvoll, Chamisso, gehören heute zum Kanon der deutschsprachigen Literaturgeschichte und man erfährt interessante Details aus ihren Biografien. So wird zum Beispiel in einigen Kapiteln Heinrich von Kleists letzte Zeit in Berlin vor seinem Selbstmord behandelt. Die meisten der damals im weitesten Sinn politisch Tätigen hingegen sind heute nicht mehr allgemein bekannt; Gegenbeispiele wären Wilhelm von Humboldt und sein bis heute wirksames Bildungskonzept, aber auch Menschen wie der "Turnvater" Friedrich Jahn, deren Wirken Vorläuferfunktion für den Nationalsozialismus hatte. Hervorzuheben sind noch die Bebilderung des Buches und die Tatsache, dass der Autor bei aller Exaktheit ohne Fußnoten auskommt (sehr angenehm!). Eine relativ große Zahl an Grammatik- und Interpunktionsfehlern ist negativ anzumerken, vor allem auch deshalb, weil das dem Fischer Verlag sonst nicht entspricht. Ich möchte dieses Buch an dieser Epoche historisch oder literarisch interessierten LeserInnen nachdrücklich empfehlen. *bn* Franz Holztrattner

Personen: Bruyn, Günter de