Fünf Freunde spötteln beim Anblick der Fernsehbilder von Titos Begräbnis. Ihre ungleichen Lebenswege symbolisieren den politischen und moralischen Zerfall der Heimat. (DR) Ursachen und Verlauf der jugoslawischen Tragödie lassen sich offensichtlich am besten literarisch, bildreich und in persönlichen Schicksalen schildern. Als nach fast vierzigjähriger Herrschaft der Präsident Josip Broz Tito 1980 stirbt und vor laufenden Kameras aus aller Welt zu Grabe getragen wird, ergehen sich fünf junge Menschen, eine freundschaftlich verbundene Clique, in Sarkasmus und Spott. "Jetzt kommt die Pest", sagt die intellektuelle Zora: "Und von der bleiben nur Erzählungen. Wie im Decamerone." Der in seiner Heimat preisgekrönte Autor Vladimir Pistalo ist gleich alt wie seine fünf Protagonisten. Er erzählt, wie die Welt des Freundeskreises in den folgenden Jahren untergeht. Ihre Lebenswege führen sie auseinander: Zora wird an einem Tumor sterben, dessen Entstehung sie mit dem Gram über das Leid in Bosnien erklärt; der energievolle Musiker Bane ist nach einigen Monaten in der Armee psychisch entkräftet und emigriert in die USA; Boris verschafft sich mit zwielichtigen Geschäften Reichtümer; die hübsche Irina verschreibt sich dem herrschenden Opportunismus auch in der Wahl ihrer Bettpartner; der Erzähler wird - wie der Autor selbst - Historiker, protestiert gegen den Krieg und findet erst im Nato-Bombardement 1999 zu sich und zu seiner Heimat. Die 50 kurzen Kapitel wechseln zwischen Legenden, Lebensgeschichten, Gerüchten, Gleichnissen und Träumen und bilden zusammen ein vielschichtiges postmodernes Gesellschaftspanorama des heutigen Serbien. Der Roman schildert anspruchsvoll die Mechanismen, die den Krieg auslösten, und ist gleichzeitig eine einfühlsame Geschichte über Liebe und Freundschaft. *bn* Wolfgang Moser

Personen: Pistalo, Vladimir Döbert, Brigitte Evert, Nellie Evert, Roumen