Momentaufnahmen aus der Metropole an der Pforte zum Orient. (EL) Die "Mitte der Welt" liegt, markiert durch einen schwer auffindbaren Stein, in Istanbul. Aber - "so schief, wie die Welt heute hängt" -, wisse kaum ein Europäer davon. Auch die Schweizer Autorin, die in den 1990er Jahren für längere Zeit dort gelebt hat, hat den Markierungsstein erst nach längerem Bemühen entdeckt, genauso wie sie in keinem Reiseführer von jener vielbesuchten Säule in der Aya Sofya erfahren hat, bei der man seinen Wunsch deponieren kann. Ursula Priess umkreist die Metropole mit dem unvoreingenommenen, aufgeschlossenen Blick einer Europäerin, die die Stadt am Bosporus mit ihrer großen Tradition und ihrer problembehafteten Gegenwart verstehen will. Sie hat die Landessprache gelernt, sich in einen Einheimischen verliebt, viele Freundschaften geknüpft und den Alltag in der 15-Millionen-Stadt auch ungeschminkt kennengelernt. 50 meist kurze Texte bieten nicht nur die Ansicht der grandiosen Oberfläche, sondern auch einen differenzierenden Einblick in die Eingeweide dieses Ungetüms Istanbul und eine mikroskopische Erforschung der feinsten Äderungen. Porträts von Künstlern und Intellektuellen, Immigranten und Emigranten, einer Hausangestellten und einer Hamam-Masseuse sind ebenso Thema wie historische Großereignisse, die sich auch in Familiengeschichten niederschlagen (z.B. der türkisch-griechische Konflikt nach dem Ersten Weltkrieg). Ein Nachwort, aus der Distanz von etwa zehn Jahren geschrieben, spricht den rasanten Wandel seither an. - Auf sehr feine Art gelingt es der Autorin, möglichst viele Facetten zu einem lebendigen, ehrlichen Bild zusammenzufügen. *bn* Maria Schmuckermair
Personen: Priess, Ursula
Priess, Ursula:
Mitte der Welt : Erkundungen in Istanbul / Ursula Priess. - München : btb, 2011. - 222 S.
ISBN 978-3-442-75299-7 fest geb. : ca. ? 20,60
Reisen, regionale Geographie, Landeskunde - Signatur: EL Pries - Buch