Neumann, Constanze
Neu Das Jahr ohne Sommer
Buch

Gefangen zwischen zwei Welten. (DR) Constanze Neumann behandelt in ihrem Roman »Das Jahr ohne Sommer« einfühlsam die Lebensgeschichte eines Mädchens in der DDR und in Westdeutschland. Das Buch ist in der Ich-Form geschrieben und erzählt, wie die Dreijährige nach einem gescheiterten Fluchtversuch der Familie zu ihren Großeltern kommt. Zwei Jahre verbringt sie dort, bis die Eltern aus dem Gefängnis freigekauft werden können und in die BRD ausreisen dürfen. Nach langem hin und her darf das Kind zu den Eltern. In den folgenden Jahren wird aus Sicht des Mädchens das neue Leben in Westdeutschland beschrieben: die Mutter, die nach dem Gefängnis krank ist und nicht mehr so professionell wie früher Geige spielen kann, der Vater, der sich freut, im Westen zu sein, jedoch die alten Traditionen und Gedankenmuster nur schwer ablegen und sich mit den fremden Werten nicht identifizieren kann. Für das Mädchen ist die neue Welt schwer zu verstehen und die jährlichen Besuche bei der Großmutter in Leipzig verwirren sie noch mehr. Sie fühlt sich in beide Welten fremd: In Westdeutschland fällt sie auf wegen ihrem »falschen« Dialekt auf, in Ostdeutschland passt sie nicht mehr dazu, da sie die Tochter der Geflüchteten, der Verräter ist. So kämpft das Mädchen mit beiden Welten und zudem wie jedes Kind in der Pubertät mit dem Erwachsenwerden und der Sehnsucht nach Freiheit. Die Rolle der Mutter verschwimmt durch deren eigene Dämonen. Der Vater ist dominant und lässt keine andere Meinung als seine eigene zu. Er trifft viele Entscheidungen für die ganze Familie im Alleingang und kann mit seiner aufgesetzten Fröhlichkeit weder seine Frau noch die Tochter erreichen. »Die Dur-Welt meines Vaters, seine Heiterkeit und Lautheit waren eine Zumutung. Die Moll-Welt meiner Mutter war mir vertrauter, ich fühlte mich zu Hause in ihr.« Dieser Satz beschreibt die Melodie des Romanes sehr gut. Ein beeindruckendes Buch: Still und leise wird – abseits der allseits bekannten, politischen Veränderungen in West- und Ostdeutschland – über das Leben der Betroffenen erzählt. Das Gefühl der Fremdheit und Suche nach Heimat wird den Leser*innen in kurzen Kapiteln nähergebracht und regt an, über den Begriff und das Gefühl der Heimat zu sinnieren.


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Personen: Neumann, Constanze

Neum

Neumann, Constanze:
Das Jahr ohne Sommer / Constanze Neumann. - Berlin : Ullstein, 2024. - 187 Seiten
ISBN 978-3-550-20229-2 Festeinband : EUR 22

Zugangsnummer: 2024/0391 - Barcode: 000000048545
Schöne Literatur - Buch