Medial wurde um die nigerianischen Wurzeln der Autorin ordentlich Wind gemacht – vor allem, weil sie im Nachwort dieses Debüts und in diversen Interviews deutlich machte, dass das Buch in einer Zeit entstanden sei, „als in den Nachrichten Tag für Tag zu sehen war, wie wehrlose schwarze Männer, Frauen und Kinder von der Polizei erschossen wurden. […] Allein, wenn ich an diesem Buch schrieb, hatte ich das Gefühl, etwas dagegen tun zu können.“ Die Messlatte liegt also hoch – ein Fantasyepos mit gesellschaftspolitischem Subtext? Verortet ist die Geschichte in einer sekundären Welt, die der westafrikanischen Kultur und Mythologie nachempfunden ist. Die Figuren in diesem Königreich Orisha sind dunkelhäutig, allen voran die temperamentvolle Zelie, die der untersten Gesellschaftsschicht angehört. Nicht nur, weil sie weißes Haar hat wie alle sogenannten Divinés, sondern, weil in ihr Magie schlummert, die vom König gemeinsam mit allen magisch Begabten ausgerottet wurde. Die Divinés sind die letzten Überreste dieser magischen Welt und erfahren Hass und Ausgrenzung. Soweit zum Thema Verfolgung von Minderheiten. An Zelies Seite stellt die Autorin weitere Figuren: Ihren mutigen Bruder Tzain, Prinzessin Amari und deren Bruder Inan – Kinder jenes Königs, der auch die Mutter von Zelie aus Angst vor Magie niedermetzeln ließ. Macht vier junge Menschen, die in Strukturen hineingeboren wurden, gegen die sie sich naturgemäß auflehnen werden. Als Zelie und Amari einander durch Zufall begegnen (es wird nicht der letzte dieses Plots sein), fällt ihnen ein Artefakt in die Hände, das die totgeglaubte Magie wieder erwecken kann. Das reizvolle Duo aus Kriegerin und Prinzessin macht sich also auf die Reise, verfolgt von Inan, der nicht nur in des Königs Auftrag kämpft, die beiden aufzuhalten, sondern auch mit einer weißen Haarsträhne, die auf sein magisches Erbe verweist. Die daraus resultierende Verfolgungsjagd erlaubt reizvolle Konstellationen der zentralen Figuren; Gegner und Verbündete werden immer wieder neu gewürfelt und Liebesbeziehungen angebandelt. Erzählt wird multiperspektivisch: Die Stimmen von Zelie, Amari und Inan unterscheiden sich zwar kaum, geben aber einen facettenreichen Blick auf die ereignisreiche Handlung. Die Rettung der Magie ist dabei ein schlichter erzählerischer MacGuffin, aber auch ein guter Anlass, um die diese Welt und ihre Kulturen zu erkunden. Dort gibt es tierische Gefährten – „Löwenessen“ etwa – und überall riecht es nach Kochbananen und Jollofreis. Doch, Ausstattung und die Atmosphäre sind gelungen und verweisen deutlich auf die Geschichte der Bevölkerung Afrikas. Darüber hinaus ist der Roman aber letztlich nur eine neue Variante einer alten Geschichte: Junge Menschen bezwingen das Böse ihrer Welt und bewältigen nebenbei noch ihre eigenen Probleme. Ganz gleich, ob ihnen hier eine dunkle Hautfarbe und krauses Haar gegeben wird – der behauptete gesellschaftspolitische Stempel macht diese Variante nicht wertvoller, aber auch nicht schlechter als all die anderen durchaus fesselnden Jugend-Fantasy-Reihen-Auftakte zuvor.
Serie / Reihe: Children of Blood and Bone 01
Personen: Fischer, Andrea Adeyemi, Tomi
JE.J
Ade
Adeyemi, Tomi:
Children of Blood and Bone : Goldener Zorn / Tomi Adeyemi. - Frankfurt a. M. : Fischer FJB, 2018. - 622 S. - (Children of Blood and Bone; 01)
ISBN 978-3-8414-4029-7 fest geb. : ca. € 19,60
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