Wider die Unterdrückung und Sanktionierung einer elementaren Emotion. (PP) Der bekannte dänische Familientherapeut möchte mit vorliegendem Band die Erwachsenen zu einem radikalen Umdenken im Umgang mit kindlicher Aggression anregen. Gewöhnlich steckt man aggressive Kinder in Betreuungseinrichtungen in der Hoffnung, dem Nachwuchs unter Anwendung von fragwürdigen Methoden emotionale Kompetenz zu diktieren. Juul zufolge aber sind Kinder von Geburt an emotional genauso (in)kompetent wie Erwachsene und brauchen daher keine therapeutische (Ver-)Formung, sondern vielmehr ein positives Vorbild, denn Kinder lernen sich vor allem durch Imitation und die dabei gemachte eigene Erfahrung in die Kultur einzufügen. Kinder rasten nur dann aus, wenn sie an ihre Grenzen stoßen oder zwischen Emotionen wie Wut und Traurigkeit noch nicht zu unterscheiden gelernt haben. Warum also reden Eltern nicht mit ihren Kindern, anstatt Kindeswut als moralisch verwerflich zu bewerten und nach Therapie zu rufen? Weil, wie Juul meint, Erwachsene ihre eigenen Aggressionen zunehmend unterdrücken und tabuisieren, etwa unter der Begründung, Aggression führe zu Gewalt und Gewalt zu Krieg. Deshalb sei Aggression (vor allem) bei Kindern zu unterbinden. Solange aber Aggression Tabu ist, kann sich mangels Dialog weder Selbsterkenntnis noch Empathie als notwendiges "Gegengift zur Gewalt" entwickeln, warnt Juul. Da die gleiche Unterdrückungslogik z. B. beim "politisch korrekten Überarbeiten" von Kinderbüchern zur Anwendung kommt, klingen Juuls Thesen plausibel und es seien daher zunächst Erwachsene zum Überdenken ihrer emotionellen Kompetenz angehalten!
Personen: Juul, Jesper Szöllösi, Ingeborg
Juul, Jesper:
Aggression : ; warum sie für uns und unsere Kinder notwendig ist / Jesper Juul. Hrsg. von Ingeborg Szöllösi. - Frankfurt a. M. : S. Fischer, 2013. - 172 S.
ISBN 978-3-10-091063-9 fest geb. : ca. EUR 17,50
Pädagogik - Signatur: PN JUU - Sachbücher