Berührendes Flüchtlingsdrama, in dem zwei Welten aufeinanderprallen. (DR) Die Wiener Pensionistin Emma ist mit ihrem Leben nur mäßig zufrieden. Ihr Ex-Mann, der sie einst für eine Jüngere verlassen hat, vegetiert nach einem Schlaganfall in einem Pflegeheim vor sich hin, und ihr vergötterter einziger Sohn Hansi lebt nach zwei Scheidungen mit einer jungen Türkin zusammen, die nun auch noch ein Kind von ihm erwartet. Für die engstirnige, mit Vorurteilen behaftete Emma ist die Vorstellung, Großmutter eines "Türkenbankerts" zu werden, nicht gerade erfreulich. Dann stürzt Emma und bekommt unerwartete Hilfe von einer jungen Ausländerin und deren kleinen Sohn. Sarema, eine junge Tschetschenin, die vor den Schrecken des Krieges in ihrem Heimatland nach Österreich geflohen ist und in einem Flüchtlingsheim auf ihren Asylbescheid wartet, und ihr aufgeweckter Sohn Schamil werden bald zu Emmas engsten Bezugspersonen. Die langjährige Moskau-Korrespondentin Susanne Scholl schildert in dieser Erzählung nüchtern und dennoch äußerst bewegend anhand der traurigen Geschichte der jungen Sarema die unvorstellbaren Leiden einer Asylantin, die unfähig ist, die Schrecken, die ihr widerfahren sind, in Worte zu fassen, und der letztendlich der Aufenthalt in Österreich verweigert wird. Gleichzeitig erzählt Scholl die Geschichte einer verbitterten, alternden Frau voller Vorurteile und Klischees, die nicht in der Lage ist, Anteil am Schicksal ihrer Mitmenschen zu nehmen, und sich somit letztlich selbst in die Einsamkeit manövriert. Eine traurige, berührende Erzählung, die sich - spannend geschrieben - einem brandaktuellen Thema widmet. Sehr empfehlenswert.
Personen: Scholl, Susanne
Scholl, Susanne:
Emma schweigt : ; [Roman] / Susanne Scholl. - St. Pölten : Residenz-Verl., 2014. - 179 S.
ISBN 978-3-7017-1623-4 fest geb. : ca. EUR 19,90
Romane, Erzählungen und Novellen - Signatur: DR SCHO - Romane, Erzählungen