Längst wird in Tirol für den Sommertourismus eine Karte ausgelegt, an welchen Orten gerade ein Felix aufgeführt wird. Wie auf einer Pollen-Karte kann man sich als Allergiker die Orte aussuchen, an denen zumindest zeitweilig kein Felix Mitterer gespielt wird. Felix Mitterer hat für 2016 für das Zillertal das Theaterstück Märzengrund geschrieben. Märzengrund ist eine schluchtige Geländeformation und nicht der Boden eines Bieres. Im Stück geht es um einen Einsiedler, der angeblich wirklich gelebt hat, und der aus dem Theaterhimmel heraus dem Publikum erklären muss, warum er Einsiedler geworden ist. Bereits die Themenwahl hat einen leichten Zug ins Perverse und verletzt die Menschenwürde. Der Einsiedler zeigt das wohl Einmalige an Tirol: Du kannst einsiedeln und aussteigen wie du willst, am Ende wirst du mit Brachialgewalt auf die Bühne gestellt. Was denkt nun ein Einsiedler, der nichts hinterlassen hat außer einem Lebenslauf, der dann doch noch in einem Altersheim geendet hat? Felix Mitterer wird hier zum Bibliothekar und Erwachsenenbildner und nimmt Henry Thoreaus "Walden", die Bibel der Grünen, in die Hand und zerlegt sie nach Strich und Faden. Damit möglichst alle aus der Theatergruppe eine Rolle kriegen, wird der Einsiedler mit dem biblischen Namen Elias in allen Lebensphasen gezeigt. Dabei sagt er immer Kluges aus dem Walden, während die jeweiligen Zeitgenossen ziemlich viel Dummes und Tirolerisches sagen. "Schwester: Elias, was ist mit dir? Elias? - Elias: Weh hab ich." (61) Verwandtschaft, Heimleitung, Dörfler und Jäger dürfen jeweils etwas Kurzes fragen, damit man sich den Auftritt leichter merken kann, wirft Elias immer ein sogenanntes Hölzl hin. Mit diesem theatralischen Multiple-Joyce-Trick lässt sich das Konzept der Einsiedelei recht zügig darstellen. "Wie oft sind wir als Kinder dem Regenbogen nachgelaufen!" (47) Jetzt sitzt er da, der Einsiedler in seinem Regenbogen, der sich über den Märzengrund spannt. Einmal ins Sinnieren gekommen, bieten sich allerhand Themen an, die sich in der Sommerluft absinnieren lassen. Flugzeuge in der Entfernung erinnern an ein Bombardement, der Krieg gegen die Natur ist grausam, aber jener unter Menschen ist schrecklich. Die Rehe laufen den Goaßen nach "und ich sitz von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf meinem Felsen." Felix Mitterer, der Altmeister des Kitsches, hat sich für dieses Stück wieder einmal selbst in Rührung gebracht. Ökonomisch klug lässt sich so ein Stück in einer Woche schreiben, an einem Tag proben und an einem Abend aufführen. Das alles steht in krassem Gegensatz zur Zeitlosigkeit der Einsiedelei. - Auch für den Märzengrund gilt heuer wieder die Theaterphrase: Wer's mag! Helmuth Schönauer
Personen: Mitterer, Felix
Mitterer, Felix:
Märzengrund : ; Theaterstück / Felix Mitterer. - Innsbruck : Haymon, 2016. - 88 Seiten
ISBN 978-3-7099-7849-8 Broschur : Euro 9,95
Romane, Erzählungen und Novellen - Signatur: DR MIT - Romane, Erzählungen