Der Autor führt uns in unbekannte Gegenden des Balkans zu kleinen Volksgruppen, die sich durch die Zeiten den jeweiligen Herrschenden angepasst haben. (ER) Beschrieben werden die wechselhaften Verläufe der Geschichte und Gegenwart meist slawisch stämmiger muslimischer Minderheiten auf dem Balkan, Bosniaken, Torbeschen, Pomaken, Aromunen, aber auch kleiner christlicher Gruppen wie Istrorumänen und Usokoken in Kroatien. Zerrissen zwischen den verschiedenen Glaubensrichtungen und wechselnden politischen und nationalstaatlichen Einflüssen, zeichnet der Autor - schöpfend aus wissenschaftlichen Quellen und persönlichen Recherchen mit zahllosen Interviews - ein düsteres Zukunftsbild für den Erhalt der alten Minderheitenkulturen und -sprachen. Wir LeserInnen erfahren nicht von den einzelnen Lebensspuren, aber doch von den wechselnden Schicksalen, die sich den Gegebenheiten jeweils angepasst haben. So sind eigentlich alle dort Lebenden manchmal einer Gruppe zugeordnet, weil es opportun erscheint, später wiederum bekennen sie sich zu einer anderen Ethnie. Weit fortgeschrittenen Assimilierungstendenzen in Mazedonien, Griechenland und Bulgarien steht einzig Bosnien als bedingt zukunftsträchtiges Staatsgebilde für die Weitergabe islamischer Traditionen gegenüber. Geeignet ist das interessante, aber dennoch ein wenig schwierig zu rezipierende Buch nur für LeserInnen mit doch sehr speziellem Interesse an Geschichte und gegenwärtigen Verhältnissen in den Balkanstaaten.
Personen: Stieger, Cyrill
Stieger, Cyrill:
Wir wissen nicht mehr, wer wir sind : ; vergessene Minderheiten auf dem Balkan / Cyrill Stieger. - Wien : Paul Zsolnay, 2017. - 285 Seiten
ISBN 978-3-552-05860-6 Festeinband : Euro 23,70
Reiseberichte - Signatur: ER STI - Sachbücher