Ein lang erwarteter lesenswerter biografischer Einblick in die Lebens- und Gedankenwelt eines Ausnahmekünstlers. (PL) Am 11. März wurde der beliebte und allseits bekannte Kinderbuchautor Janosch alias Horst Eckert 85 Jahre alt. Wer kennt nicht seine Kinderbuchklassiker "Oh wie schön ist Panama" (1978) oder "Post für den Tiger" (1980). Tiger, Schnuddel und Tigerente sind aus vielen Kinderzimmern mittlerweile nicht mehr wegzudenken, allein über ihren Schöpfer weiß man sehr wenig, da sich der Autor sein Privatleben betreffend stets bedeckt hielt. Die Germanistin Angela Bajorek wechselte mehr als 1000 Mails mit Janosch und besuchte ihn in seinem Wohnsitz auf Teneriffa, wo mehrere intensive Gespräche stattfanden. Als Resultat erschien nun anlässlich von Janoschs Geburtstag eine höchst interessante Biografie, die viele unerwartet intime Einblicke in die schweren Kindheits- und Jugendjahre des Schriftstellers bereithält. Janosch wuchs in sehr einfachen Verhältnissen in einer Grubenarbeitersiedlung im schlesischen Hindenburg (heute Zabrze in Polen) auf. Der Vater war Alkoholiker, aggressiv und stets gewaltbereit, die Mutter in ihrer Frustration über den Gatten und dessen proletarische Herkunft beschämt, ebenfalls oft gewalttätig und grausam gegenüber dem kleinen Horst. Einzig der Großvater vermochte dem kleinen Jungen ein wenig emotionalen Halt zu geben. In der Schule von den Mitschülern schikaniert, von Vertretern der katholischen Kirche gequält und eingeschüchtert, zur Hitlerjugend gezwungen, waren es vor allem leidvolle und traurige Kindheits- und Jugendjahre. Doch all das ihm widerfahrene Leid diente Janosch als Motivation für seine späteren literarischen Erfolge - sei es als Kinderbuchautor, sei es auf dem Sektor der Erwachsenenliteratur. Vor dem Hintergrund der Biografie des Autors vermag man die ein wenig widersprüchlichen Figuren seiner Bücher erst richtig zu verstehen: die oft rebellischen Tiere, die sich so gut wie nie um Konventionen kümmern, und die unterhaltsam-ironischen Geschichten, die ohne pädagogischen Zeigefinger auskommen. Die Biografie liest sich flüssig, ist spannend und interessant und eine wohl dosierte Mischung aus gesammelten Fakten, Informationen, Gesprächsprotokollen und Zitaten aus Janoschs Bücherwelt. Auf ideale Weise wird der Text durch eine Vielzahl an Fotos und Bilddokumenten ergänzt, was in Summe einen höchst bereichernden und absolut lesenswerten Einblick in die Lebens- und Gedankenwelt eines Ausnahmekünstlers garantiert.
Personen: Bajorek, Angela
Bajorek, Angela:
Wer fast nichts braucht, hat alles : Janosch ; die Biographie / Angela Bajorek. Aus dem Poln. übertr. und für die dt. Ausg. ergänzt von Paulina Schulz. - 3. Aufl. - Berlin : Ullstein, 2016. - 315 S. : Ill.
ISBN 978-3-550-08125-5 fest geb. : ca. € 22,70
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik, Sammlungen - Signatur: Jan - Buch