Die Welt steht kurz vor der Entstehung einer Geopolitik des Mangels, die sich bereits deutlich in den Bemühungen Chinas, Indiens und anderer Entwicklungsländer um eine Sicherung des Zugangs zu Erdöl zeigt. Zukünftig wird die Frage sein, wer Zugang nicht nur zum Erdöl im Nahen Osten, sondern auch zu brasilianischem Ethanol und nordamerikanischem Getreide hat.
Der Lebensmittelsektor wird gleich auf zwei Arten betroffen sein: Einerseits werden Lebensmittel teurer werden, weil die höheren Ölpreise die Produktionskosten in die Höhe treiben werden und andererseits werden sich dank der höheren Ölpreise die Ernährungsgewohnheiten verändern.
Gleichzeitig werden die steigenden Ölpreise auch dafür sorgen, dass landwirtschaftliche Ressourcen verstärkt in den Anbau von Nutzpflanzen zur Herstellung von Biokraftstoffen, entweder von Ethanol oder Biodiesel, fließen. Damit wird durch die höheren Ölpreise ein Wettbewerb um Lebensmittelressourcen zwischen den wohlhabenden Autobesitzern und den Lebensmittelkonsumenten mit geringem Einkommen entstehen, durch den die Welt mit einem neuen ethischen Problem konfrontiert werden wird.
Eine Studie des U.S. Geological Survey erhärtet diese Ergebnisse und zeigt, dass inzwischen in allen elf der vergletscherten Bergketten Alaskas die Gletscher schmelzen. In einer früheren Studie hieß es, die Zahl der Gletscher im Glacier National Park in den USA sei inzwischen von 150 im Jahr 1850 auf weniger als 50 gesunken. Es steht zu erwarten, dass die noch verbliebenen Gletscher innerhalb von 30 Jahren ebenfalls verschwunden sein werden und zukünftige Generationen werden sich nur noch wundern können, warum der Nationalpark diesen Namen trägt.
Auch die zum Reisanbau genutzten Talauen der Flüsse in anderen asiatischen Ländern, darunter Indien, Thailand, Vietnam, Indonesien und China, wären betroffen. Bei einem Anstieg des Meeresspiegels um nur einen Meter stünde mehr als ein Drittel von Shanghai mit seinen 13 Millionen Einwohnern unter Wasser.
Durch die gnadenlos steigende Nachfrage der Menschen werden die Wälder, die Weideflächen und die Fischbestände so stark beansprucht, dass es ökologisch kaum noch verträglich ist. Außerdem sorgen wir dafür, dass viele der Tier- und Pflanzenarten, mit denen wir uns den Lebensraum Erde teilen, aussterben. Mittlerweile sterben vorhandene Arten tausendmal schneller aus, als sich neue entwickeln û wir haben den Schnellvorlauf der Ausrottung gestartet.
Derzeit befinden wir uns im Frühstadium der sechsten großen Welle des Artensterbens. Im Gegensatz zu früheren derartigen Wellen, die durch natürliche Phänomene verursacht wurden, wird diese von uns Menschen verursacht. Zum ersten Mal in der langen Geschichte unseres Planeten hat sich eine Spezies so weit entwickelt, wenn man es denn so bezeichnen kann, dass sie einen Großteil des übrigen Lebens auslöschen kann.
Serie / Reihe: Globale Analysen
Personen: Brown, Lester R.
B-UM31-Bro
Brown, Lester R.:
Plan B 2.0 : Mobilmachung zur Rettung der Zivilisation / Lester R. Brown. - Berlin : Kai Homilius Verlag, 2007. - 384 S.: Tab. - (Globale Analysen; Bd. 7)
Einheitssacht.: Plan B 2.0 Rescuing a Planet Under Stress and a Civilization in Trouble
ISBN 978-3-89706-606-9 : 19,90 EUR
Umweltpolitik: International - Buch