Endlich weiß man, was auf Eugène Delacroix' berühmtem Gemälde zu sehen ist. Zu seinem 50. Geburtstag hat sich Franzobel selbst ein Geschenk gemacht: Sein neuer Roman ist erschienen. Franzobel ist "einer der populärsten und polarisierendsten österreichischen Schriftsteller", so das ÖAMTC-Magazin "auto touring" über ihren Kolumnisten, und er wird seinem Ruf gerecht. Man ist an seine opulente Sprache gewohnt, an diese faszinierende Mischung aus barocker Derbheit und kunstvoller Wortakrobatik, aber diesmal kommt noch ein unglaublicher Wortschatz dazu. Man muss aber nicht wissen, was Rahen oder Klüver sind, was auffieren bedeutet oder wie die Takelage eines Segelschiffes des 19. Jahrhunderts zu handhaben war. Man taucht von der ersten Seite in diese Epoche ein, als wäre man ein Zeitzeuge, so lebendig beschreibt Franzobel die Geschehnisse, die zum Untergang der Medusa führen. Dabei kommt man mit den unterschiedlichsten Charakteren zusammen, sodass man sich viel mehr auf Sebastian Brants "Narrenschiff" wähnt als auf der "Titanic". Wie eine griechische Tragödie lässt der Autor seinen Roman voranschreiten, um am Ende den LeserInnen doch noch einen Rettungsanker zuzuwerfen. Ein Buch, das wohl in jede österreichische Bibliothek gehört: Es hat literarische Qualität und ist trotzdem unterhaltsam.
Personen: Franzobel
Franzobel:
¬Das Floß der Medusa : Roman nach einer wahren Begebenheit / Franzobel. - Wien : Zsolnay, 2017. - 590 S.
ISBN 978-3-552-05816-3 fest geb. : EUR 26,00
Schöne Literatur - Signatur: Franz - Buch