Am sonnigen, etwas kitschigen Titelbild geht der Wolf freundlich und vergnügt dem Rotkäppchen voran, während das pausbäckige Mädchen mit der roten Mütze verdrießlich hinterherstapft. Die Geschichte von Sebastian Meschenmoser beginnt ganz wie Vorlage des Märchens: Der Wolf ist hungrig und hält Ausschau nach einem süßen Kind, das sich leichtsinnigerweise allein im Wald aufhält. Rotkäppchen jedoch marschiert schnurstracks an ihm vorbei, als er es anzusprechen versucht, sodass der Wolf alle Mühe hat, ihm hinterherzulaufen. Mürrisch berichtet es von seiner absonderlichen Großmutter, die heute Geburtstag habe und ihr somit der ganze Sonntag verderbe: es müsse alte Fotoalben anschauen, sich blöde Geschichten anhören … Als der Wolf sich nach den Geschenken in seinem Korb erkundigt und erfahren muss, dass es der Großmutter einen Ziegelstein, eine Socke und einen Kaugummi mitbringt, ist der Wolf dermaßen erschüttert, dass er aus seiner Rolle ausbricht und in die eines Musterenkels schlüpft: er pflückt Blumen für die Großmutter, backt Kuchen und denkt sogar an eine Flasche Wein. Die Großmutter freut sich sehr über den Besuch und die Geschenke – und holt schon bald ein Fotoalbum aus dem Regal. Während Großmutter und Wolf fröhlich feiern, verschwindet Rotkäppchen mit Kuchen vollgestopft aber immer noch schlecht gelaunt nach draußen und aus der Geschichte. Am Nachsatz sehen wir es mit einer roten Robin Hood Mütze und schwer bewaffnet vor der Höhle des Wolfs. Die Blei- und Buntstiftzeichnungen sind mit schnellem Strich ausgeführt und in hellen Pastelltönen aquarelliert. Detailreiche Doppelseiten wechseln sich mit kleineren wie größeren Detailansichten ab und zeigen einfache und lebhafte Figuren, die durch ihre Mimik und Gestik zum Lachen anregen: der Wolf, der auf Lieblingsenkel macht, und das Rotkäppchen, das total genervt und schlecht gelaunt ist. Die wenigen textlichen und bildlichen Versatzstücke aus Faust I und den Bremer Stadtmusikanten können allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Parodie in Bild und Text etwas simpel gestrickt erscheint. Und die Moral von der Geschichte? Nicht alle Wölfe sind böse, nicht alle Mädchen sind süß und leichtsinnig, und nicht alle Großmütter liegen im Bett. Aber alle Großmütter schauen gerne alte Fotoalben an.
Altersempfehlung: ab 5 Jahren.
Personen: Meschenmoser, Sebastian
Standort: BB
Meschenmoser, Sebastian:
Rotkäppchen hat keine Lust / Sebastian Meschenmoser. - Stuttgart : Thienemann, 2016. - [14] Bl. : überw. Ill.
ISBN 978-3-522-45827-6 fest geb. : ca. Eur 13,40
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