Ihre Vorliebe für spezifische Zeitkonzepte hat die niederländische Autorin bereits in ihrem vielfach ausgezeichneten Kinderroman „Gips“ unter Beweis gestellt. Dort waren die Ereignisse auf einen Tag begrenzt. Und einen Ort: das Krankenhaus. Dieses Mal wird nicht nur einmal übernachtet, sondern auch eine Strecke von 133 Kilometern zurückgelegt. Eigentlich hätten es 360 werden sollen. Denn was bei Jutta Richter der Hecht, bei Marjolijn Hof die tote Maus und bei Moni Nilsson der Entschluss war, kein Wort mehr mit der besten Freundin zu sprechen, ist hier eine Höllentour rund ums IJsselmeer auf dem Fahrrad: ein Pakt mit dem Schicksal. Atlantas Mutter droht entzwei zu gehen und Atlanta möchte sich selbst gegenüber zumindest den Eindruck erwecken, sie könnte es verhindern. Sie möchte nicht mehr warten müssen, bis eine erneute Diagnose vorliegt. Denn Nichtstun ist keine Lösung. Und so versucht Atlanta, die scharfen Kanten des Lebens abzuschleifen, indem sie in die Pedale tritt. Weit kommt sie nicht vor dem ersten Zwischenfall. Eigentlich nur bis zum zweiten Absatz im ersten Kapitel dieser literarischen Miniatur. Dort prallt sie auf Finley, der seinerseits auf der Flucht (vor sich selbst) ist. Ein paar Müsliriegel, ein kleiner Beutel mit Haifischzähnen, eine blinkende Lichterkette – viel mehr braucht Anna Woltz nicht, um eine birnenweiche Liebesgeschichte in Atlantas Versuch einzuschreiben, die eigene Angst zu besiegen. Dialogreich und charmant fokussiert sie auf ihre beiden Figuren, die über den gesamten Erzähltext hin unter sich bleiben. Und gemeinsam erkennen, dass es in Wahrheit nicht um den Zieleinlauf geht, sondern um das Ankommen bei sich selbst.
Personen: Woltz, Anna Kluitmann, Andrea Helm, Alexandra
Woltz
Woltz, Anna:
Haifischzähne / Anna Woltz. Aus dem Niederl. von Andrea Kluitmann. Mit Vignetten von Alexandra Helm. - Hamburg : Carlsen, 2020. - 39 S. : Ill.
ISBN 978-3-551-55515-1 fest geb. : ca. € 10,30
Bücher für Kinder von 9-12 Jahren - Buch