Was für ein wundervolles, berührendes Buch. Die Fiktion wird selbst zum Thema gemacht. Was wäre wenn...die Figur nicht gestorben wäre, sondern weiterlebt hätte. Und das tut sie dann fünfmal und nimmt uns mit bis ins hohe Alter. Ein Sieg des Konjunktivs, der zum Indikativ wird.
Die Sprache hat Würde und Rhythmus, setzt ihre Worte Schritt für Schritt. Und mit dem angenommenen und tatsächlichen Weiterleben der Hauptfigur schreiten wir durch das 20. Jahrhundert, wird der Vorhang aufgezogen und ein Blick durch ein Zeitfenster geworfen. Mit so vielen, was dazu gehört an Weltanschauung, Religion, Zeitgeschichte und Kultur. Das Alte Testament wird immer wieder zitiert, denn wir haben es auch mit Geschichten von Juden im 20. Jahrhundert zu tun. Und mit dem Alten Testament kommt der Tun-Ergehens-Zusammenhang ins Spiel. Die Gegenwart eines Menschen und sein Handeln - tut! - bewegt an anderer Stelle etwas. Das kann Freiheit bedeuten oder Schuld, Leben oder Tod. Und oft genug ahnt man, wie sehr ein Mensch gefehlt hätte, wäre er nicht da gewesen.
Personen: McDermid, Val Styron, Doris Erpenbeck, Jenny
R 11 Erpen
Erpenbeck, Jenny:
Aller Tage Abend : Roman / Jenny Erpenbeck. - 1. Aufl. - München : Knaus, 2012. - 282 S. - Deutscher Buchpreis 2012 Longlist
ISBN 978-3-8135-0369-2 geb. : EUR 19.99
R 11 - Buch