Erik Huddén und Vivi Sundberg sind noch arg geschockt, als sie im Januar 2006 nach einer Besichtigung des Tatorts an die Haustür von Tom Hansson klopfen. Der halbnackte Mann, der in den Pistolenlauf der Polizistin schaut, weiß noch gar nicht, dass er und seine Frau die einzigen Überlebenden eines bestialischen Massakers sind, dem die restlichen achtzehn Bewohner seines schwedischen Dorfes zum Opfer fielen. Sie alle waren untereinander verwandt, zwei sind die Adoptiveltern der Richterin Birgitta Roslin. Diese ermittelt auf eigene Faust -- und argwöhnisch von Vivi Sundberg beäugt. Durch Zufall führt sie ein rotes Band zur Spur eines mysteriösen Chinesen: eine Spur, die die Richterin bis hin nach China verfolgt. In der bedrückenden und bedrohlichen Atmosphäre von Peking im Vorfeld der Olympischen Spiele wird sie fündig -- und stößt auf eine schier unglaubliche Geschichte rund um kommunistischen Machtwahn und kapitalistische Korruption, die tief zurückführt in die chinesische Vergangenheit... Der Zufall spielt eine große Rolle im Roman Der Chinese von Henning Mankell, ein etwas zu große Rolle vielleicht. Auf der anderen Seite ist allzu viel konstruiert in dem Buch, das man trotz der Beteuerungen des Verlags kaum einen Kriminalroman oder gar, wie im Klappentext, einen äatemberaubenden Thrillerô nennen kann. Denn nach dem fulminanten Beginn, der immerhin über einhundert Seiten wirkt, verliert sich Mankell in der Herleitung des Mordmotivs, das im großen, auf dem Rücken der Chinesen ausgetragenen Eisenbau Mitte des 19. Jahrhunderts seinen Ursprung hat, mit dem ädie Weißenô die Indianergebiete im Norden Amerikas zu erschließen suchten. Das wirkt für einen Kriminalroman, der zudem Köder auslegt, an die in der Folge nichts und niemand mehr anbeißt, alles etwas weit hergeholt -- und lässt die Fans von Kommissar Kurt Wallander ratlos zurück. Wer sich aber unbefangen auf den Chinesen einlässt, wird trotzdem auf seine Kosten kommen. Denn Mankell kann (immer noch) brillant schreiben und erzählen. Und das macht seinen Roman jenseits aller Schwächen lesenswert.-- Thomas Köster, Literaturanzeiger.de kulturnews.de Herr Mankell ist immer up to date. Nachdem der schwedische Krimigott sich in seinen letzten Romanen ausschließlich den Ländern und Problemen Afrikas widmete und 2006 mit "Die italienischen Schuhe" ein gemütliches Werk übers Altwerden dazwischenschob, ist das Thema seines aktuellen Buchs "Der Chinese" das Land der Olympischen Spiele. Alles beginnt in einem kleinen schwedischen Dorf: Innerhalb einer Nacht werden in Hudiksvall 18 der 21 Dorfbewohner bestialisch ermordet, die Polizei ist überfordert und ratlos. Bis die Richterin Birgitta Roslin aus Helsingborg auf den Fall aufmerksam wird, weil unter den Toten die Stiefeltern ihrer Mutter sind. Ihre Recherchen führen sie nach Peking - hier lebt offensichtlich der Täter, der obendrein eine Familie aus Nevada auf dem Gewissen hat. Die Passagen, in denen sich Mankell mit dem Massenmord in Schweden auseinandersetzt, sind zwar konventioneller Krimistoff. Dafür aber brilliert der Wahlmosambiker mit plastischen Beschreibungen des Lebens im China des späten 19. Jahrhunderts, mit Ausflügen ins Amerika der 1860er-Jahre und Theorien über die Zukunft des heutigen Chinas. Dass das Beschreiben fremder Kulturen und insbesondere der Menschen, die innerhalb dieser Kulturen agieren, eines seiner großen Talente ist, hat Mankell längst bewiesen. Mit diesem Buch legt er noch eins drauf - und zeigt, dass sein Einfühlungsvermögen sich bei weitem nicht auf die Länder des Schwarzen Kontinents beschränkt. Obwohl natürlich auch "Der Chinese" nicht ohne einen Abstecher nach Afrika auskommt: Der Leser begleitet eine Gruppe chinesischer Delegierter auf ihrer Reise nach Zimbabwe und Mosambik. Das war Mankell sich selbst wohl einfach schuldig. (jul) *amazon.de*
Personen: Mankell, Henning
Standort: Zell am See
DR Romane, Erzählungen MANK
Mankell, Henning:
¬Der¬ Chinese : Roman / Henning Mankell. - 1. - Wien : Zsolnay [u.a.], 2008. - 603 S.
Einheitssacht.: Kinesen. - Aus dem Schwed. übers.
ISBN 978-3-552-05436-3 fest geb. : Euro 25,60
DR Romane, Erzählungen - Buch: Dichtung